Der Blogeintrag wurde im Zuge eines Webinar-Vortrags von mir für die KEM-Regionen im Pinzgau geschrieben. Das Webinar fand am 15.Mai 2020 statt. Dort konnte ich zu Bürgerbeteiligungen sprechen.

Dieses Thema begleitet mich genauso lange wie die Frage nach der Finanzierung der Energiewende und dem Vergleich der Rendite unterschiedlicher Investitionen. Dabei kommt es mir absurd vor, eine nachhaltige Investition mit einer fossilen Technologie vergleichen zu müssen.

Dabei zitiere ich gerne den Rainer Leitner, selbst KEM-Manager in der Buckligen Welt, der sagte: „Klimawandel leugnen und fossil investieren tut man nicht mehr!“ Damit ist ja schon alles gesagt, denn jetzt müssen die Bürger die Energiewende finanzieren! Aber können Sie es auch?

Ohne Kapital wird es allerdings nicht funktionieren. In den letzten Jahren gab es viele Pioniere und Visionäre, welche gerne mutig Klimaschutz-Projekte umgesetzt hätten. Viele mussten passen und konnten ihre Projekte nicht umsetzen. Oftmals fehlte das Geld, auch für gute Projekte. Und manchmal konnte dem Vergleich mit klassischen Investitionsideen nicht standgehalten werden… zu visionär, zu revolutionär oder gar zu gesellschaftsverändernd, als dass liquide Geldgeber unterstützt hätten.

Doch das Thema bricht auf. Nachhaltige Investitionen werden a damit auch für klassische Investoren akzeptabel.

Rund 50.000 BürgerInnen sind derzeit in Österreich an externen erneuerbaren Energieprojekten beteiligt!

Wieviele werden es daher in rund 10 Jahren sein? Energieexperten wie Peter Molnar, Gründer der Genossenschaft OurPower, erwartet für 2030 rund 500.000 einheimische Investoren im Bereich erneuerbare Energie. Der Grund dafür ist nicht nur die langfristig höhere Akzeptanz, sondern auch attraktivere Finanzierungsformen.

Machbar wird dies durch neue gesetzliche Möglichkeiten. Änderungen im Elektrizitätswirtschafts- & – Organisationsgesetz 2010 erlauben es nun Bürgern sich gemeinsam zu organisieren und unabhängig Strom zu produzieren und zu verbrauchen. Dabei dürfen sie sogar auf das vorhandene Netz zurückgreifen.

Wichtige Marktbarrieren fallen!

Die bisherige Energiewende war von Förderungen und Zugangsbeschränkungen geprägt. Eben auf der einen Seite mussten staatliche Fördermittelgeber oft mit hohen Zuzahlungen den Markteintritt von Photovoltaik oder die Sanierung der Kleinwasserkraft finanzieren und auf der anderen Seite verhinderten gesetzliche Blockaden etwaige sinnvolle Lösungen zur Nutzung von regional produzierten Strom.

Monopolartige Richtlinien führten in den vergangenen Jahrzehnten zu einer viel zu langsamen Entwicklung der Energiewende auf Bürgerebene. Die Förderregime waren so angelegt, dass ein großer Hebel für Investitionen wieder eher institutionellen Investoren, Landesenergieversorgern oder privaten Betreibern mit großinvestiven Projekten gegeben war. Letztere holten sich auch einen Großteil des heute unter Bürgerbeteiligung laufenden Kapitals ab.

FMA und Banken spielten lange die große Rolle

Man unterscheidet verschiedenste Formen der Bürgerbeteiligung. Einige davon benötigen eine Bankenkonzession, manche fallen auch unter die Prospektpflicht und haben sehr komplexe Auflagen der Beratungs- und Veröffentlichungsverpflichtungen. Dazu benötigt man neben einem fachlich versierten Experten auch eine aufwendigere Projektentwicklung. Zumeist ergeben sich schon daraus größere Projektsummen.

Gerade als Gegenpol hat sich hier das Nachrangdarlehen durchgesetzt. Zwar haben hier die Investoren größere Risiken, da sie Ihre Einlage im schlimmsten Fall gänzlich verlieren könnten, doch reicht eben hier, dies den investierenden Bürgern auch so mitzuteilen. Da jedoch Kleininvestoren gerne über höhere Risiken hinwegsehen, werden gerade Nachrangdarlehen von glaubwürdigen Markenunternehmen eingesetzt. Verknüpfen diese Unternehmen die Auszahlung der Einlage mit einem Einkaufsgutschein, so wirkt die Rendite besonders hoch. Für den Initiator ist dies jedoch die attraktivste Form, denn viele Gutscheine werden verlegt bzw. eben nicht eingelöst. Zudem verleiten Einkaufsgutscheine zu höheren Ausgaben des Konsumenten und schaffen eben Kundenbindungen.

Auf kommunaler Ebene sind Sale-&Lease Back sowie das Sparbuch attraktiv.

Bürgerbeteiligungen bei kommunalen Projekten, sei es im Zuge der KEM oder eines e5-Prozesses, werden derzeit hauptsächlich über ein Sparbuchmodell oder über Sale- & Lease Back abgewickelt.

Zumeist steht ein bewusstseinsbildender Prozess im Vordergrund. Die Gemeinde trachtet danach, die Bürger zu eigenen Handlungen zu motivieren oder sich an Klimaschutz-Projekten selbstständig zu beteiligen. Oftmals möchte man den Bürgern auch das Gefühl geben, dass sie von den Erneuerbaren Energieprojekten der Gemeinde auch selbst partizipieren können.

Die Gemeinden wiederrum stehen eigentlich vor der schwierigen Aufgabe, den Bürgern eine attraktive Rendite anzubieten und gleichzeitig nicht teurer zu finanzieren als am Finanzmarkt. Dies ist eigentlich kaum möglich.

Bürgerbeteiligung ist auch billiges Geld

Während also Kommunen bei Bürgerbeteiligungen mehr den gesellschaftspolitischen Entwicklungsprozess verfolgen, haben private Investoren bei Bürgerbeteiligungen die Projektfinanzierung außerhalb der klassischen Bankenfinanzierung im Sinn. Einige der Möglichkeiten wurden bereits erwähnt.

Doch die Anzahl unterschiedlichster Arten an Kapital zu kommen ist lang und hängt oft von der Akzeptanz der Investoren ab. Ein schönes und positives Beispiel bietet hier der Vermögenspool, erfunden von Dr. Markus Distelberger. Hierbei leihen Gönner auf Zeit Ihr Kapital zur Errichtung und dem Beitrieb von sinnvollen Projekten. Der Vermögenspool wird hauptsächlich für gemeinwohlorientierte Projekte eingesetzt und ist eher in Niederösterreich bekannt.

Wie auch immer die bisherigen Bürgerbeteiligungen aussehen, woher das Geld kommt und was auch immer die Motive der Investition auch sind, so wird sich dies in der nahen Zukunft ändern. Die Möglichkeiten, die nun durch die Gesetzesänderungen kommen, werden es den Bürgern ermöglichen, sich selbst zu organisieren und ihre eigenen Regeln aufzustellen.

Die Kombination aus dezentraler Stromerzeugung, der Selbstorganisation in Gemeinschaften und das Öffnen der Netze zum Kauf und Verkauf von Strom, wird uns unabhängig von Förderungen machen und den Bürgern neue Freiheitsgrade bringen. Wir werden unseren eigenen Strom produzieren, mit unseren Nachbarn teilen und den Rest über Handelsplattformen an Personen geben, denen unser produzierter Strom wertvoll ist.

Die Zukunft gehört den Erneuerbaren Energie-Gemeinschaften!